Metallfarbenspiel

Faszination aus Metall und Farben - Clemens Maria Haertle

  Oxydations-Maltechnik - ein Geheimnis aus dem Mittelalter?

Nahezu alle meine Bilder wurden und werden teilweise oder ganz auf Blattgold, Schlagsilber oder Kupfer gemalt. Die von mir seit 1992 entwickelte Maltechnik gründet auf der sogenannten "Brokattechnik", die vorzugsweise vom 15. bis zum 17. Jahrhundert in der mittelalterlichen Tafelbildermalerei Verwendung fand. Auf besonders wertvollen Retabeln belegten die alten Meister den Unter- oder Hintergrund mit 24 Karat Blattgold und prägten in den weichen Kreidegrund unterschiedliche figurale oder vegetabile Ornamentstempel.

Während meiner Studienzeit eignete ich mir in Florenz das Handwerk des Restaurators für mittelalterliche Tafelbilder an, wobei ich gleichzeitig bei Prof. Gabriella Airaldi die alten - und zum Teil auch geheimen - Vergoldungstechniken erlernen konnte, die bereits im späten 18. Jahrhundert nahezu völlig in Vergessenheit geraten waren und in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts von Spezialisten des Instituts für Kunstgeschichte in Florenz erforscht und wieder entdeckt wurden.

Auf der Basis dieser uralten Technik entwickelte ich im Laufe der Jahre verschiedene Malverfahren, wobei die sog. "Ätztechnik" die größten malerischen und künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten, aber auch Herausforderungen bietet. Auf Kupfer-, Silber- oder Messing-Gründe werden mit Oxydantien, die in einem bestimmten Verhältnis mit Wasser gemischt werden, gesteuerte Oyxdationsprozesse in Gang gesetzt, die zu farblichen aber auch Oberflächen verändernden Effekten führen. Je nach Aggressionsgrad der Oxydantien oder zeitlichen Dimensionen werden diese Prozesse im geeigneten Augenblick mit einer speziellen Lasur gestoppt. Das Ergebnis sind strahlende Farben, die mit keiner anderen Maltechnik in dieser Leuchtkraft und Tiefe erzeugt werden können.

Die Schwierigkeiten dieser Technik bestehen darin, dass fast alle Oxydantien so durchsichtig wie klares Wasser sind und folgedessen ihr Auftrag auf die jeweilige Unterlage "blind" erfolgt. Es ist, als malte man mit purem Wasser auf Glas. Erst nach Stunden oder Tagen - in Ausnahmefällen sogar erst nach Wochen - sind die Oxydationsprozesse soweit fort geschritten, dass die Ergebnisse sichtbar werden. Außerdem hängen diese Reifeprozesse von der sie umgebenden Luftfeuchtigkeit und Wärme ab.

Mit der aus der Ätztechnik entwickelten "Kratztechnik" werden die fertigen, ausgetrockneten und versiegelten Oberflächen mit einer Skalpellspitze angekratzt und durch die Freilegung des meist dunklen Untergrundes negative Farbmuster und Strukturen erzeugt.

Der letzte Auftrag erfolgt in der Regel mit Ölfarben, die ihrerseits wiederum auf spezielle Weise versiegelt werden müssen. So entstehen Bilder, die bis zu zwölf oder dreizehn farb- oder oxydtragende Schichten besitzen.

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